20.-29.7.2024 Dawson City - Dawson City

Veröffentlicht am 2. August 2024 um 20:58

Ein neues Abenteuer beginnt, indem wir den Dempster Highway unter die Räder nehmen. Die heutige Etappe misst nur etwa 100 km, wo wir im Tombstone Mountain Campground den letzten freien Platz besetzen und diesen extrem schönen Platz am Feuer geniessen.

 

Der 736 km lange Dempster Highway ist eine der letzten grossen Abenteuerrouten Nordamerikas. Der unbefestigte Highway, eine einsame Wildnis-Strasse, wurde 1979 fertiggestellt und führt uns heute zuerst zum höchstgelegenen Punkt der Strecke, zum North Fork Pass auf 1'289 Meter über Meer.

Der Dempster ist auf einem dicken Fundament aus Schotter gebaut, um ihn gegen den Permafrostboden darunter zu isolieren. Der würde sonst nämlich schmelzen und die Strasse vollständig versinken lassen. Während des Tauwetters im Frühling und der Frostperiode im Winter, wenn alles zuzufrieren beginnt, ist der Dempster Highway gesperrt – der Zeitraum variiert jedes Jahr.

 

Die Strasse windet sich durch kahle Gebirgszüge und grüne Täler mit immer wieder begleitenden, wunderschön schlängelnden Flüssen mit glasklarem Wasser oder als Abwechslung mit rotem Wasser, gefärbt durch das rote Gestein, welches mit vielen Mineralien versehen ist. Weite Strecken bietet sich uns aber leider auch ein Bild der Zerstörung durch Waldbrände.

Bei schönstem Wetter fahren wir gemütlich auf einen Campingplatz im Wald.

 

In gut sieben Stunden Fahrzeit schaffen wir die 211 km lange Strecke bis zum nördlichen Polarkreis.

Dieser Tag hinterlässt bei uns mit Gewissheit dauerhafte Erinnerungen. Diese malerische, unbeschreibliche Weitsicht. Die Aussicht auf türkisblaue Flüsse, endlos scheinende Wälder, teils leider riesige Flächen durch vergangene Waldbrände gezeichnet, so schlechte Schotterstrassen, dass wir streckenweise mit höchstens 15 km/h vorwärts kommen und definitiv Staubresistenz erforderlich ist. Überholt oder kreuzt uns ein Lastwagen, müssen wir sozusagen stillstehen, bis wir wieder die Strasse sehen und plötzlich wird die Strasse sogar kurz zur Start/Landebahn für Kleinflugzeuge!

Bei 29° Wärme erreichen wir den Arctic Circle, wo die Sonne um 23.56 h nur kurz den Horizont berührt und wenig später wieder aufgeht. Es wird nicht dunkel.

An diesem für uns speziellen Ort parkieren wir unseren Camper, geniessen die atemberaubende Rundsicht und übernachten gleich hier auf dem Parkplatz.

Bei dichtem Nebel und starkem Wind überqueren wir die Grenze zu den Northwest Territories und gleichzeitig auch eine weitere Zeitzone. Wir büssen eine Stunde ein.

 

Wir setzen unsere abenteuerliche Fahrt gegen Norden fort. Dank Nebel-Nieselregen ist die Schotterstrasse feucht und im Moment nicht so staubig. Auch später, als sich die Sonne wieder durchsetzt, bleiben die Strassen mehrheitlich nass, aber diesmal weil sie bewusst bewässert werden. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Sind die Strassen trocken, ist es extrem staubig, sind diese jedoch nass, wird es rasch so ziemlich rutschig, wenn nicht glitschig, je nach Zustand der Oberfläche.

 

Den Peel River und den Mackenzie River überqueren wir mit einer Fähre, welche als Strassenersatz kostenlos geführt wird. Da diese Gegend von First Nations, bzw. der Volksgruppe Gwich'n bewohnt wird, sind die Fährangestellten beinahe ausschliesslich indigener Abstammung. Im Sommer ein sicherer Job. Im Winter bildet das Eis eine natürliche Brücke über die Flüsse, die sich dann in Eisstrassen verwandeln.

 

Im Gwich'n Territorial Park am Campbell Lake finden wir einen angenehmen Platz zum Übernachten.

Wolkenlos und warm zeigt sich heute das Wetter :)

Die knapp 40 km bis Inuvik sind sehr abenteuerlich und wir hoffen jetzt schon, dass wir auf der Retourfahrt ebenfalls trockene Strassen vorfinden.

In Inuvik tanken wir rasch auf, kaufen noch Salat und Früchte und fahren gleich weiter nach Tuktoyaktuk, eine weitere fahrtechnische Herausforderung auf der 150 km langen Schotterpiste, welche seit 2017 für den Verkehr geöffnet ist und zum Arktischen Ozean führt.

 

Bald wird die Landschaft flacher und der boreale Nadelwald (Taiga) geht über in die baumlose Tundra. Nur noch Gräser, kleine Sträucher und die wenigen, für die Tundra typischen, Pflanzen.

 

Heute, inzwischen bei einer Temperatur von 29°, treffen wir vermehrt Fahrradfahrer, welche alle diese Steigungen und Abfahrten im relativ tiefen Schotter radeln – Chapeau!

 

Immer wieder über Kuppen fahrend, öffnet sich uns jeweils ein Blick auf die endlos scheinende, malerische Strasse und auf die unzähligen, tiefblauen kleinen bis ganz grossen Seen und schliesslich entlang des Mackenzie River Deltas, welches weltweit als zehntgrösstes Delta gilt.

Eine logische Folgerung bei so viel Wasser sind unzählige Mücken, welche uns beim Aussteigen aus dem Fahrzeug gleich schwarmweise überfallen. Zum Glück gibt es Mückennetze, welche man über den Kopf ziehen kann und somit in Ruhe gelassen wird.

 

Am Strassenrand, beziehungsweise irgendwo planlos hingestellt, stehen überall verstreut viele Schneebobs ( ski doos) und Zugschlitten. Im Winter werden diese von den Einheimischen für die Jagd eingesetzt, wenn die über 130'000 im hohen Norden lebenden Karibus das Gebiet Richtung Yucon durchqueren.

 

Unterwegs passieren wir mehrere Pingos, mit Erde bedeckte Eishügel, die sich in der Tundra erheben.

 

Wir erreichen schliesslich den kleinen Ort Tuktoyaktuk mit seinen knapp 900 Einwohnern, von den Kanadiern kurz Tuk genannt, und damit den Arktischen Ozean. Ein eindrücklicher Moment!

Das Dorf ist klein, bunt und relativ belebt, auch mit vielen spielenden Kindern.

Den Dorfbewohnern steht ein Eishaus zur Verfügung, eine in den Permafrostboden gegrabene, natürliche Gefriertruhe, wo sie ihren Fang aufbewahren können.

 

Direkt am Ozean parkieren wir und mit uns übernachten hier noch einige andere Touristen, auch zufällig mehrere andere Schweizer. Wir sitzen sehr lange in der Gruppe an der Sonne, da diese bei immer noch wolkenlosem Himmel die ganze Nacht scheint. Es war dann schliesslich eine kurze Bettruhe für alle ;)

 

Im Visitor Center erfahren wir, dass vor zwei Wochen ein Eisbär mit zwei Jungen am selben Ort, wo wir übernachtet sind, vom Meer her schwimmend am Ufer spaziert ist und wieder weitergeschwommen ist – wow, welche Freude.

 

Die Retourfahrt nach Inuvik verläuft problemlos bei heiss-trockenem Wetter mit über 30° Hitze.

Inuvik, eine Kleinstadt mit 3'250 Einwohnern, hat nicht viel mehr als einen kleinen Supermarkt mit Fastfood-Ecke, zwei Restaurants und eine Tankstelle. Genug, um hier leben zu können. Uns fällt auf, dass die Preise für Lebensmittel sehr hoch sind.

Bei der Tankstelle fragt mich ein Einheimischer, woher wir kommen und schliesslich will er wissen, wieviel der Diesel bei uns kostet. Der Preis ist hier erstaunlicherweise ähnlich hoch wie bei uns. Bei meiner Frage, warum die Lebensmittel so teuer sind, erklärt er, dass alles hierher verschifft werden müsse, was die hohen Preise erklärt.

 

Sehenswert ist die Igloo Church mitten im Ort.

Im schneeweissen Zelt, welches dauerhaft steht, finden Tanz-Darbietungen, Konzerte, Ausstellungen, Handarbeitsmärkte usw. statt.

Für die Stadtbewohner steht ein Gewächshaus zur Verfügung, wo sie in zugeteilten Beeten ihr Gemüse anpflanzen können.

 

Der Campingplatz grenzt an das Zentrum, wo wir eine wahre Tropennacht verbringen.

 

In zügiger Fahrt erreichen wir am nächsten Tag bald die Fähre über den Mackenzie River und übernachten kurz vor der Peel River-Fähre.

Die Temperatur ist ungewöhnlich hoch mit 32°.

 

Bei Regenfall und mehr als 20° kühlerer Temperatur starten wir weiter Richtung Süden, über die Hügel sogar wieder bei Nebel.

 

Wir verlassen auf dieser Strecke den Bezirk Northwest Territories und gewinnen die verlorene Stunde wieder zurück.

In Eagle Plains finden wir auf dem Campground alles was wir benötigen, sprich Wasser und Diesel und ein anständiges Internet.

Wir geniessen ein leckeres Nachtessen und einen anschliessenden Besuch in der Bar.

 

Das kleine Motel mit Restaurant und Bar und angrenzendem Campingplatz sowie die Tankstelle und Autowerkstatt nebenan wird alles von einer Familie betrieben.

 

Beinahe den ganzen Tag fahren wir mit Sicht auf den Ogilvie River und auf die Mackenzie Mountains.

Am Engineer River finden wir wieder einen angenehmen Stellplatz, wo wir auf einem Feuer kochen und den Abend verbringen.

 

Das wechselhafte Wetter lässt uns spontan weiterfahren bis zum Tombstone Mountain Campground, wo wir wieder am Feuer ein feines Nachtessen zubereiten und später bei einsetzendem Dauerregen im Camper den Abend ausklingen lassen.

 

Wir erfahren, dass einige Tage vorher ein Grizzly mit zwei Jungen den Campground durchquert hat und in den angrenzenden Hügeln weitergezogen ist.

Es kommt uns beinahe so vor, als ob alle Tiere verschwinden bevor wir kommen!

Auf dem ganzen Dempster Highway haben wir nämlich kaum ein Tier gesehen, was eigentlich eher unüblich ist. Woran das liegen mag?

 

Bereits um 9 Uhr brechen wir auf, damit wir rechtzeitig in Dawson City ankommen.

Werni hat ein Problem mit seinen Bremsbelägen und hat einen Werkstatt-Termin am Nachmittag. Vorher wollen wir unsere Fahrzeuge wenigstens ringsum einigermassen sauber pflegen, was nach den Strapazen der letzten zwei Wochen bitter nötig ist.

Gute Idee, das elektrische Trittbrett vorher abzukleben! Es funktioniert nach der Autowäsche wieder.

 


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Kommentare

Edith
Vor 7 Monate

Das tönt nach abenteuerliches Reisen. Wünsche weiterhin viele schöne Erlebnisse 😊

Daniel Bichler
Vor 7 Monate

Adventure pure
Solche Reisen sind unvergesslich
Lg

Fredy
Vor 7 Monate

Sehr schöne und interessante Erlebnisse. Erinnert mich an die Reise 4 Monate Australien vor 40 Jahren. Geniesst es weiterhin.
Es liebs Grüessli aus den Schweizer Bergen.

Herr Markus Stadelmann
Vor 7 Monate

Von einem Abenteuer ins nächste, beindruckende Reportage, DANKE. Liebe Grüsse Markus

Zurkirchen Nicole
Vor 7 Monate

Wow, was ihr da alles erlebt und sieht ist einfach genial. Ich hoffe für euch dass ihr die Bären, welche auch immer, auch noch zu sehen bekommt🍀
Weiterhin viel Spass Nicole

ruth sidler
Vor 7 Monate

eure tage sind so abwechslungsreich und interessant. durch den kontakt mit den einheimischen bekommt ihr wertvolle informationen und lernt ihr land am besten kennen, statt der vielen mücken wünschen wir euch die sicht auf eisbären und grizzlys!😀 liebe grüsse ruth und hubert💁‍♀️💁